Der Zorn Gottes

Andere Zeiten – andere Deutung

Kann man heute noch wirklich von einem „Zorn Gottes“ sprechen?  – Unbestritten ist, dass die Bibel vom „Zorn Gottes“ redet. Aber das ist ja auch ein Buch, dessen jüngste Teile bereits 2000 Jahre alt sind. Und was hat sich seitdem nicht alles verändert? – Für uns ist es heute nicht mehr selbstverständlich, bei einem Donner daran zu denken, dass Thor (Gott in der germanischen Mythologie) den Hammer schlägt, oder Zeus (Gott der griechischen Mythologie) aus Zorn seine Blitze auf die Erde schleudert. Wir wissen heute, dass Naturgesetze die Welt beherrschen, und einzufordern, wir sollten wieder daran glauben, dass Thor auf einen Amboss schlägt, würde nur einen Lachanfall erzeugen. Andererseits hätten wir zu der Zeit, wo eine solche Deutung des Naturgeschehens normal war, mit unseren Welterklärungen nur Kopfschütteln erzeugt.

In einer Zeit, in der die Menschheit noch von anthropomorphen (vermenschlichenden) Vorstellungen beherrscht war, konnten bestimmte Wahrheiten der Weltentwicklung eben nur in solchen vermittelt werden. Daher auch das Reden von einem „Zorn Gottes“ in der Bibel. Aber das ist eben nur eine Einkleidung der Wahrheit.

Der geläuterte Gottesbegriff

Gott hat keine menschlichen Emotionen. Gott ist das Leben und das Leben ist ewig und hat damit keine Feinde. Aber auch der Mensch, da er lebendig ist, ist ewig. Da er sich aber mit seiner Geschöpflichkeit identifiziert, also seinem Körper, befindet er sich im Konflikt mit allem anderen Leben. Dieser Konflikt kann nur aufgehoben werden, indem der Mensch sich seiner Ewigkeit bewusst wird und damit erkennt, dass auch er keine Feinde hat, weil ihn nichts vernichten kann.

Auf dieses Ziel hin geht die Weltentwicklung. Wer sich dagegenstellt, indem er seine aus der Identifikation mit der Körper kommenden Begierden kultiviert (und nicht etwa loslässt) zerstört sich selbst, da er ständig äussere und innere Konflikte erzeugt.

Auf diese Tendenz der Selbstzerstörung des Menschen möchte die Bibel mit dem Reden vom „Zorn Gottes“ aufmerksam machen. Es sind also, wie in der Natur, geistige Gesetzmässigkeiten, die entscheiden, wohin unsere persönliche Entwicklung geht. Wollen wir weiter an den Objekten dieser Welt festkleben, dann gehen wir dem Untergang entgegen, wie das ja jetzt schon recht deutlich wird, wenn man die Welt betrachtet. Denn wer nicht in Einklang mit seinem eigenen Wesen und dem des Kosmos lebt, kann keinen Erfolg haben.

Gegenprobe

Spielen wir aber nun als Gegenprobe einmal durch, Gott hätte tatsächlich soetwas wie Zorn. Das würde bedeuten, er würde beständig innerlich kochen und endlich könnte er seinem Drang nach Zerstörung freien Lauf lassen. Denn „Zorn“, so wissen wir, ist auf die Zerstörung des Gegners aus, und nicht darauf, ihm zu helfen. Er würde nicht konstruktiv, sondern destruktiv sein. Und das hat weder etwas mit Gott noch der Liebe zu tun.

Jesus sagte selbst: „Und wenn ein Haus mit sich selbst uneins wird, kann es nicht bestehen.“ (Mk 3,25) Auch Gott nicht.

Wohl sehen wir ein Vergehen von Welten und Leben, und doch hat das nichts mit unterschiedlichen Kräften (Emotionen) zu tun, sondern mit einer fortlaufenden Entwicklung, vergleichbar mit dem, wie wir unsere Kindheit und Jugend verlassen. Wir zerstören sie nicht, und können das auch nicht.

Fazit: Es macht heute also keinen Sinn mehr, von einem „Zorn Gottes“ zu sprechen, sondern nur davon, dass wir solange leiden werden, bis wir uns entschließen, als Erlöste zu leben, weil wir durch das Ewige alle Abhängigkeiten überwinden können.

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Wovon handelt diese Rede? Doch davon, daß eine Offenbarung nicht möglich ist als Tradition eines höheren Inhaltes ohne Rücksicht auf die Beschaffenheit der Individuen, welche den Inhalt aufnehmen sollen. Offenbarung ist nur möglich als Erziehung, d. h. als stufenweise Anpassung des Inhaltes an die Fähigkeiten der Individuen, denen die Offenbarung zu Theil wird.“ W. Dilthey

6 Gedanken zu “Der Zorn Gottes

  1. ….wahrscheinlich kommst du dann auch nicht damit klar, dass die Bibel einen Ort ewiger Pein beschreibt?

    Dann diese Worte Jesu:
    https://www.bibleserver.com/text/LUT/Matthäus18, 23 und 32-35

    23 Darum gleicht das Himmelreich einem König, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. (Lutherbibel 2017)

    32 Da befahl ihn sein Herr zu sich und sprach zu ihm: Du böser Knecht! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich gebeten hast; 33 hättest du dich da nicht auch erbarmen sollen über deinen Mitknecht, wie ich mich über dich erbarmt habe? 34 Und sein Herr wurde zornig und überantwortete ihn den Peinigern, bis er alles bezahlt hätte, was er schuldig war. 35 So wird auch mein himmlischer Vater an euch tun, wenn ihr nicht von Herzen vergebt, ein jeder seinem Bruder. (Lutherbibel 2017)

    Gottes Zorn kann man nicht mit menschlicher Emotion, womöglich mit menschlicher Schwäche vergleichen! Er ist heilig und ebenso sein Zorn!!
    Er ist gerecht, wenn er zornig ist auf denjenigen, der nicht vergeben will…bis er alles bezahlt hat, was er schuldig war. Gott ist nicht launisch! Er ist nicht wie ein alkoholisierter Vater oder Schläger, der nur darauf wartet, bis jemand einen Fehler macht und stets innerlich kocht oder köchelt. Ich denke, manche Menschen haben durch schlechte Erziehung, schlechte Väter ein falsches Verhältnis zu Strafe, gerechten Zorn etc.
    Manche haben auch nie Autorität kennengelernt. Antiautoritär erzogen gibt es kein Verständnis zu einem „nein“ OHNE Schuldgefühle. Gott hat keine Schuldgefühle wenn er „nein“ sagt. Er sagt, was er meint und meint was er sagt – auch mit Konsequenzen. Manche habenl Probleme damit, dass ein „nein“ ein „nein“ bedeutet. Gott nicht.
    Er ist langsam zum Zorn – NICHT schnell!!
    Er ist barmherzig und gütig. Aber es gibt auch den Zorn Gottes – was machst du mit dem Satz Jesu: „der Zorn Gottes bleibt über ihm ??? Denkst du, Jesus ist nicht up to date??

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    1. Lieber Rolf,
      zunächst: Über Bibelstellen, mit denen ich nicht klar komme, schreibe ich nicht. Ich schreibe nur über solche Dinge, deren ich mir gewiss bin.
      Denn schließlich bin ich ja von Gott eingesetzt um mit zu helfen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen.
      Nun kann niemand lehren, der keine Selbst- und Gotteserkenntnis hat. Deshalb sind nur Wenige berufen zu lehren.
      Damit ist auch eine große Verantwortung verbunden. Deshalb schreibt Jak 3,1 „Werdet nicht viele Lehrer, meine Brüder, da ihr wisst, dass wir ein schwereres Urteil empfangen werden!“ –
      Das hinderte natürlich nicht, dass die Gemeinden von den Lehren unberufener Lehrer beherrscht werden.

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      1. Joh 3,36 Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben; wer aber dem Sohn nicht gehorcht, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm. Sehr geehrter Herr Reichelt, der Zorn Gottes bleibt auf dem Menschen, der nicht Buße tut und an den Sohn Gottes glaubt. Ihre Ausführungen sind für mich biblisch fundiert, denn wer den Sohn Gottes ablehnt, der ist für ewig verloren. Auch lese ich in der Bibel nichts von einem „geläuterten Gottesbegriff“. Lehrer sind von Gott eingesetzt, um Gottes Wort zu lehren. Woher nehmen Sie persönlich die Gewissheit, dass Sie von Gott berufen sind? Johannes schreibt, wir sollen die Geister prüfen, ob sie aus Gott sind. Jesu Wort bleibt in Ewigkeit.

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      2. Ich gehe davon aus, dass Sie schreiben wollten „Ihre Ausführungen sind NICHT biblisch fundamentiert.“
        Wenn in nun nach dem Buchstaben Ihres Textes gehen wollte, würde sich durch das fehlende „nicht“ ein Widerspruch zum sonstigen Inhalt ergeben. Genauso ist es mit der Bibel: Wer nach dem Buchstaben geht, kommt in unauflösbare Widersprüche in der Bibel. Wer aber die Bibel im Kontext liest und versteht, dem lösen sich die Widersprüche auf.
        Natürlich steht in der Bibel nichts von einem „geläuterten Gottesbegriff“. Wie auch, wenn sie auch zu Menschen reden will, die zu keinem wirklichen Verständnis fähig sind? Aber, wenn Sie nur gelten lassen wollen, was in der Bibel steht, dann dürfen Sie auch keinem Prediger zuhören oder irgendein christliches Buch lesen, noch sich selbst Gedanken über das Geschriebene machen – denn da werden Gedanken und Worte verwendet, die nicht in der Bibel stehen, sie also verfälschen könnten.
        Ich hoffe, Sie begreifen, dass es so einfach nicht geht, wie Sie denken?
        Die Auffassung, dass Gott oder die Götter zornig sind, ist ja dadurch entstanden, dass der Mensch die rücksichtslose Natur erlebt hat, aber annahmen, dass die Naturereignisse Ausdruck des Handeln Gottes seien. Wenn es tatsächlich so wäre, dann müsste man heutige Naturkatastrophen z.B. so beschreiben: „Und Gott, der Herr, ergrimmte in seinem Zorn und riss mit einer Flutwelle Männer und Frauen und Kinder hinweg.“ – Aber, wir wissen ja, dass tektonische Verschiebungen usw. für Unterwasserbeben verantwortlich sind.
        Die Natur wird immer für Geschöpfe, die eigene Ziele verfolgen, unbarmherzig sein. Deshalb besteht die Erlösung des Menschen allein darin, dass er seine ewige Natur erkennt, und so der Verfolgung irgendwelcher Ziele innerhalb der Natur nicht mehr bedarf.
        Noch im 16.Jht. sollen die Azteken jährlich 10.000 – 20.000 Menschen ihren Göttern geopfert haben, um sie milde zu stimmen!

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  2. Ich denke, man kann den erwähnten „zeitgemäßen“ Konflikt auflösen, indem man von GOTT und Seinem GESETZ spricht (dies wird im Artikel angedeutet mit „geistige Gesetzmäßigkeiten“ und „Kosmos“). Dieses geht aus Seinen Attributen hervor, zB Gott ist Sein, was sich dann auf unserer Ebene äußert als ein „Du sollst nicht töten“. Gott ist die absolute Wahrheit, wodurch sich das Gebot „Du sollst nicht lügen“ ableitet, usw. Aus der Seinsmäßigkeit Gottes geht also ein universales GESETZ hervor (vglb. dem asiatischen „dharma“), und alle gesellschaftlichen und religiösen Gesetze sind sozusagen eine Ableitung davon. So gesehen entstehen Konsequenzen nicht durch ein (zorniges) Handeln Gottes, sondern durch die Nichtbefolgung Seiner unverrückbaren „Gebote“ durch uns Menschen. Wer tugendhaft lebt, der lebt natürlich und gut im Einklang mit dem Höheren, und nicht nur das, er steht dann auch unter dessen Schutz! Jeder hat die Freiheit, gegen das GESETZ zu handeln, doch wer dies tut, wird im Extremfall von IHM vernichtet.
    So gesehen wäre es natürlich auch nicht völlig verkehrt zB bei einem Krieg vom „Zorn Gottes“ zu sprechen.

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    1. Man kann es auch ganz einfach sagen: Der Mensch ist ewig, wie Gott. Wenn er sich mit dem Ewigen identifiziert, findet er heraus aus den Abhängigkeiten eines Geschöpfs von der Zeitlichkeit, und erlangt so ewiges Glück. Oder er bleibt eben der Zeitlichkeit verhaftet, und wird so durch die Wechselfälle des Daseins zermürbt, sodass er immer weniger etwas findet, das ihm Freude, Erholung und Glück ist. Er bleibt also „ewig“ fern von Gott, weil er sich nicht mit ihm identifiziert.

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